Aller guten Dinge sind drei. Das dachte sich wohl auch Pioneer und besetzt die LX-Oberklasse seiner AV-Receiver seit mehreren Jahren mit drei Modellen. Nach dem Test des Flaggschiffs SC-LX89 (audiovision 1-2016) und dem Einsteiger SC-LX59 (audiovision 3-2016) war ein Check des Kandidaten zwischen den Stühlen schon obligatorisch. Mit 2.100 Euro kostet der SC-LX79 immerhin 600 Euro weniger als sein großer Bruder, aber auch 400 Euro mehr als der kleinste LX-Receiver. Dabei besitzt das Trio viele Gemeinsamkeiten.
Viel drin, wenig zu meckern
Wie seinen Kollegen hat Pioneer auch dem SC-LX79 einen 3D-Ton-Dekoder für Dolby Atmos spendiert; DTS:X kann man voraussichtlich diesen Sommer per Firmware-Update nachrüsten. Auf den Auro-Dekoder verzichten die Japaner, den haben derzeit nur die Spitzenmodelle von Marantz und Denon an Bord.
Das Videoboard samt Scaler ist gerüstet für 4K/60p-Signale und versteht sich neben HDR auch auf den HDCP-2.2-Kopierschutz, Letzterer wird aber nur an drei der insgesamt acht HDMI-Eingänge sowie an den drei Ausgängen akzeptiert. Der SC-LX79 wurde wie der SC-LX89 von den renommierten AIR Studios in London akustisch optimiert und zertifiziert; da muss der kleinere SC-LX59 passen und auch die Phono-Platine haben ihm die größeren Brüder voraus. Der asynchrone USB-D/A-Wandler mit 192 kHz / 32 bit bleibt dem Spitzenmodell SC-LX89 vorbehalten, Gleiches gilt für den 7.1-Mehrkanaleingang sowie den YUV-Videoausgang. Zudem gebührt der klangvoll betitelte „Low Leakage Flux Power Transformer“ (kurz: der störarme Trafo) mit verbesserter Reduzierung von elektromagnetischen Störungen nur dem Klassenkönig.

Die etwas überladene Fernbedienung ist programmierbar, die grauen Tasten fluoreszieren im Dunkeln. Sie sind sinnvoll gruppiert, aber recht klein. Auch stören die lauten Klickgeräusche der mittig platzierten Kreuzwippe.
Optisch gleichen sich die drei Geräte hingegen wie ein Ei dem anderen, was Gutes verheißt, denn an der Verarbeitung mit Vollmetallfront, dicker Klappe und satt drehenden Reglern gibt es im wahrsten Sinne des Wortes nichts zu rütteln. Im Inneren des verwindungssteifen Gehäuses verrichten je zwei ESS SABRE Ultra D/A-Wandler vom Typ ES9016S für jeden der 9.2-Kanäle ihren Dienst; sie sollen für geringe Verzerrungen bei bester Signalwandlung sorgen. Bei der Endstufen-Technik verbaut Pioneer Schaltverstärker (Kasten „Class-D-Endstufen: Kühl und kräftig“) mit speziellen FET-Transistoren, welche dank höherem Wirkungsgrad weniger Abwärme produzieren und energieeffizienter arbeiten als Linear-Endstufen.

Setup: Bei 7.2.4-Layouts werden wahlweise die Back-Rears oder die Frontboxen mit Pre-out-Signalen versorgt.
Volles Atmos-Spektakel
Mit der aktuellen Receiver-Generation verbesserte Pioneer auch das Kanal-Processing für 3D-Sound, das jetzt vollwertige Boxen-Setups mit 11.2.-Lautsprechern für Dolby Atmos und DTS:X unterstützt. Mit nur neun inte-grierten Endstufen sind bei 7.2.4- oder 9.2.2-Setups allerdings externe Verstärker nötig. Boxenklemmen findet man dagegen elf Paar an der Zahl, was eine flexible Multiroom-Nutzung ermöglicht. Die komplette Vorverstärker-Sektion inklu-sive zweier Nebenräume umfasst stolze 19 Pre-out-Buchsen (13.2 plus Zone 2 und 3).

Bestens bestückt: Der Pioneer bringt Anschlüsse für fast alle Anwendungen mit, nur auf einen analogen 7.1-Eingang verzichtet der SC-LX79. Von den acht (einer vorn)
HDMI-Eingängen akzeptieren nur drei den HDCP-2.2-Kopierschutz. Neu sind die beiden Antennen für Bluetooth und WiFi, die für einen störungsfreien Empfang sorgen sollen.
Im etwas verschachtelten Basismenü erfolgt bei den „Grundeinstellungen“ die Boxenkonfiguration: Höhenboxen für Dolby Atmos können an zahlreichen Positionen platziert werden, Aufsatz-Boxen (Dolby Enabled Speaker) darf man sogar auf die Surround-Back-Boxen setzen, was nicht alle Receiver beherrschen. Bei Einsatz von zwei statt vier Deckenboxen sollte man diese mittig im Raum montieren – Positionen vorn oder hinten an der Decke sieht das Menü des Pioneer nicht vor. Auch 9.2.2-Setups sind möglich, dann mit zusätzlichen Front-Height- und/oder Front-Wide-Boxen zu einem Pärchen Top-Middle- bzw. Dolby-Boxen. 7.2.4-Setups ausschließlich mit Height-Boxen verweigert der Pioneer. Wer nicht das volle Atmos-Setup nutzen möchte, kann freie Endstufen für Bi-Amping oder die Beschallung von zwei weiteren Hörzonen verwenden. Bei der Boxenkonfiguration fallen die Distanz-Einstellungen mit einem Zentimeter vorbildlich aus; die „Precision Distance“-Funktion zur Korrektur von Boxenabständen unter einem Zentimeter bietet nur der SC-LX89. Auch die Lautstärke-Pegel lassen sich mit 0,5 Dezibel optimal justieren, nicht abschalten lässt sich leider der sehr laute Rauschgenerator.

Die „Nachhall-Anzeige“ zeigt den Aufbau des Schallfeldes eines Kanals in Abhängigkeit von Zeit und Frequenz. An den auseinanderdriftenden Bündeln bzw. der Höhe eines Graphs (Y-Achse) erkennt man, dass die Frequenzen verschieden laut schallen.

Nach der Korrektur sind die Frequenz-Bündel fast deckungsgleich, die Frequenzen sind gleich laut und kommen gleichzeitig beim Hörer an. Einzig die rote Linie (60 Hertz) schert aus, der Bass startet bedingt durch Raumakustik-Effekte später.
Einmess-Profi MCACC
Eine Sonderstellung nimmt nach wie vor Pioneers Einmess-System MCACC Pro ein, das mit seiner elaborierten „Full Band Phase Control“-Funktion die Gruppenlaufzeiten aller Lautsprecher korrigiert; „Phase Control+“ soll zudem für stets zeitoptimierte Bässe sorgen. Viele der Korrekturen kann man sich nach der Einmessung auch als Grafik anzeigen lassen (Kasten „Besonderheiten der Einmess-Automatik MCACC Pro“). Das sechsstufige „X-Curve“-Filter senkt auf Wunsch zu schrille Höhen bei Filmton sanft ab.
Für die Anpassung an individuelle Hörgewohnheiten stellt der SC-LX79 der Einmess-Automatik einen 9-Band-Equalizer (63 Hz bis 16 Khz) für alle Lautsprecher zur Seite; die Einstellung erfolgt zwangsweise mit Rauschton. Die beiden indivi-duell konfigurierbaren Subwoofer lassen sich per 4-Band-EQ zwischen 31 bis 250 Hertz feintunen.
Optimierungsbedarf sehen wir leider immer noch beim Pop-Up-Schnellmenü, das über die „AUDIO P“-Taste der etwas überladen wirkenden Fernbedienung aufgerufen wird. Dieses geriet nicht nur recht klein und unübersichtlich (siehe Bild Seite 30), sondern aufgrund zahlreicher Abkürzungen teils auch unverständlich (z.B.„S.RTRV“). Das stört umso mehr, als Pioneer hier wertvolle Klangoptimierer versteckt: So findet man dort etwa die Umschaltoption für drei Digitalfilter-Typen (Slow, Sharp und Short) zur subtilen Änderung der Klangausrichtung, die Dynamikreduktion (DRC) fürs Leisehören, Höhen und Bass, die Einstellungen von „Phase Control+“ und des Lip-Synchs zwischen 0 bis 800 Millisekunden sowie den Menüpunkt zum Ein- bzw. Ausschalten der „Full Band Phase Control“.
Video und Multimedia
Videoseitig bietet der Pioneer SC-LX79 das volle Programm seiner Kollegen: Die HDMI-Buchsen sind 4K/60p- und HDR-tauglich nach BT.2020-Norm, die HDCP-2.2-Unterstützung erfahren aber nur drei der acht Eingänge sowie die drei Ausgänge. Dank integriertem Scaler rechnet der Receiver niedriger aufgelöste Signale auf 4K hoch, der Video-Equalizer erlaubt eine umfangreiche Bildkorrektur.
Das Audiosignal wird als Erstes dem Hochfrequenz-Modulator (1) zugeführt, der es in eine schnelle Abfolge aus Rechteck-Impulsen umformt. Anschließend verstärken Leistungstransistoren (2) das pulsweitenmodulierte HF-Signal auf die für die Lautsprecher benötigten Spannungen. Ein Tiefpassfilter (3) entfernt das HF-Trägersignal wieder, wodurch das Audiosignal übrig bleibt, mit dem die Lautsprecher (4) gefüttert werden.
Doch warum geht man diesen Umweg und verstärkt das Signal nicht direkt? Durch den Trick nimmt die Verstärkerstufe nur die Zustände „an“ und „aus“ ein – daher bezeichnet man Class-D-Amps auch als Schaltverstärker. Weil der Transistor in den „Aus“-Phasen keinen Strom braucht, fließt fast die gesamte Energie in die Signalverstärkung. Das bedeutet geringen Stromverbrauch, wenig Erwärmung und hohe Leistung.
Dem Effizienzplus stehen Nachteile gegenüber, die Pioneer per Gegenmaßnahmen bekämpft: Durch die schnellen Schaltzeiten entstehen Radiowellen – wäre die Endstufensektion nicht mit einem Metall-Käfig und Filtern versehen, würden die Boxenkabel wie Antennen wirken und Funkstörungen verursachen. Das Filter wiederum kann abhängig von der Boxenimpedanz den Frequenzgang im Hochtonbereich ändern. Hörbar ist das aber normalerweise nicht, zumal man mit den Klangreglern gegensteuern kann. Der gegenüber konventionellen Verstärkern minimal erhöhte Klirrgrad lässt sich ebenfalls messtechnisch nachweisen, aber nicht wirklich hören.
Im Vergleich zum Vorgänger SC-LX78 bekam der Neue zwei Antennen spendiert, die einen stabilen Empfang von Bluetooth- und Dualband-WiFi-Signalen (2,4 GHz und 5 GHz) gewährleisten. Zu externen Geräten vernetzt der Receiver via WLAN, HDMI-MHL, HTC Connect, DLNA, AirPlay und Blue-tooth; Musik kann man auch über das kostenlose vTuner-Webradio hören. Mit Spotify ist ein kostenpflichtiger Streaming-Service an Bord, weitere interessante Dienste wie Juke, Napster oder Deezer fehlen aber. Der Media-Player liest von FAT32-formatierten USB-Stiften auch hochauflösende 5.1-Musik im WAV- und FLAC-Format, DSD-Dateien müssen dagegen in Stereo vorliegen.
Tonqualität Surround
Im Messlabor überraschte der SC-LX79 mit ebenso hohen Leistungswerten wie das Flaggschiff SC-LX89 und distanzierte damit seinen kleinen Bruder SC-LX59 deutlich. Über 1.100 Watt Gesamtpower im 7-Kanalbetrieb bei 4-Ohm-Last sind eine klare Ansage – nur Vor/End-Kombis besitzen noch mehr Leistung. Beim durchschnittlichen Stromverbrauch blieb der SC-LX79 mit hervorragenden 99 Watt knapp unter unserer „Stromsparer“-Grenzschwelle von 100 Watt.
Im Hörtest untermauerte der Pioneer enorme Verstärkerleistung bei Steely Dans „Gaslighting Abbie“, das er quicklebendig, feinauflösend und mit zupackenden Bässen auch ohne angeschlossenen Subwoofer zu Gehör brachte. Die Einmessung meisterte der SC-LX79 zu unserer vollsten Zufriedenheit, die drei automatisch ermittelten Klangkurven stimmten die Boxen tonal gekonnt aufeinander ab, ohne den Sound aufzuhellen – sehr gut. Dolbys Atmos-Trailer „Horizon“ platzierte der Pioneer ungemein großräumig, die „Phase Control+“-Schaltung plus korrigierter Gruppenlaufzeiten verlieh den ohnehin kräftigen Bässen hörbaren Nachdruck, ohne jedoch eingedickt zu wirken.
Bei Stereo-Musik bewies der SC-LX79 sein audiophiles Talent und ließ Michael Jacksons Ballade „Stranger in Moscow“ beinahe sphärisch-räumlich, dabei druckvoll und schön feinauflösend schallen. Wie immer bevorzugten wir bei Pioneer den „Direct“-Modus, der konträr zur „Pure Direct“-Schaltung Klangfilter wie die Gruppenlaufzeit-Korrektur nicht deaktiviert.
Der Testbericht Pioneer SC-LX79 (Gesamtwertung: 93, Preis/UVP: 2100 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2016 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
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